BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Novalis

1772 - 1801

 

Tagebücher

Journal

 

29. - 30. Mai 1797

 

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29. 30. [May] 72 – 73.

 

Gestern früh reiste der Kreisamtmann nach Stolberg. Ich arbeitete einige Stunden – packte ein – erhielt einen Brief von Schlegel und Woltmann – dann gieng ich hinunter, las in der römischen Geschichte – und schied Nachmittags um ½4 Uhr v[on] Tennstedt. Ich gieng in Gedanken herüber. Zwischen dem Schlagbaum und Grüningen hatte ich die Freude den eigentlichen Begriff vom Fichtischen Ich zu finden. Den Tag über war ich sehr lüstern – Eine Stimmung die mich auch bis auf heute verfolgte. Den heutigen Morgen verhrachte ich ziemlich schläfrig – doch konnte ich Einiges denken und im Hülsen lesen. Mittags erhielt ich einen Boten und Brief von meinem Vater – ich sezte meine Abreise auf den Donnerstag fest. Zugleich kam ein älterer Brief nebst dem 3ten Hefte v[on] Nieth[ammers] Journ[al] v[on] Schlegel. Nachmittags giengs mit dem Schreiben und Denken besser – auch war die Begierde weg. Abends, wie ich zur geliebten Ruhestatt gieng – war das Denken drückend geworden. Dis zerstreute mich auch und verhinderte mich am stillen, traurigen Genuß ihres Todes. Der Entschluß stand fest – Von Ende sprach mit mir heute über die Schwierigkeit der Untersuchung, ob jemand an Pflanzengiften gestorben sey. Unfruchtbar war der Tag nicht – aber empfindungslos.