Johann Peter Hebel
1760 - 1826
Biblische GeschichtenFür die Jugend bearbeitet
I. Theil
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17.Erste Reise der Söhne Jakobs nach Aegypten.
Aber wie ergieng es in der Zeit dem Jakob und seinen eilf Söhnen in Canaan? Die Theurung kam, wie sie Joseph vorausgesagt hatte, und erstreckte sich auch über das Land Canaan. Als nun Jakob hörte, daß in Aegypten Getreide feil sey, schickte er seine Söhne nach Aegypten auf den Einkauf. Nur Benjamin, den Jüngsten, behielt er daheim. Die Brüder dachten schon lange nicht mehr an Joseph. Sie wußten nicht, wo ihn die fremden Kaufleute hingebracht, und was aus ihm geworden sey. Als sie nun nach Aegypten kamen, wurden sie vor Joseph geführt, und kannten ihn nicht, sondern fielen vor ihm nieder, als vor einem vornehmen ägyptischen Herrn. Joseph aber kannte sie sogleich, daß sie seine Brüder seyen, die ihn verkauft hatten. Aber er stellte sich fremd gegen sie und redete mit ihnen auf ägyptisch durch einen Dollmetscher. Er hatte sie jetzt in seiner Gewalt, und konnte ihnen alle Grausamkeit vergelten, die sie an ihm ausgeübt hatten. Aber das that Joseph nicht. So etwas thut ein frommer Mensch an seinen Brüdern, an den Kindern seines Vaters, nicht und an Niemand. Zwar redete er sie hart an: «Wer seyd ihr, und woher kommt ihr?» Sie sprachen: «Aus dem Lande Canaan kommen wir, Speise zu kaufen.» – Joseph sprach: «Kundschafter seyd ihr, gefährliche Leute! Ihr wollt sehen, wo das Land offen ist,» nämlich um einzufallen mit einer feindseligen Macht. Sie antworteten: «Nein, mein Herr, Kundschafter sind wir noch nie gewesen. Wir sind redliche Leute, eilf Brüder, Eines Mannes Söhne. Der Jüngste ist noch daheim bei dem Vater; Einer ist nicht mehr vorhanden.»Diese Rede gab dem Joseph eine Gelegenheit. Er sagte: «Nun will ich euch prüfen, ob ihr mit der Wahrheit umgehet; sendet einen von euch, daß er euren jüngsten Bruder hole, ihr andern sollt unterdessen gefangen seyn.» Denn Joseph hatte eine besondere Liebe zu Benjamin, weil er der Sohn seiner Mutter Rahel und der frömmste und jüngste unter seinen Brüdern war. Er war nicht wie die andern. Mit diesen Worten ließ er sie als verdächtige Leute in das Gefängniß setzen. Am dritten Tag aber sprach er wieder zu ihnen: «Ich fürchte Gott!» Das war ein achtungswerthes Wort. «Seyd ihr redliche Leute, so lasset einen von euch gebunden hier liegen in dem Gefängniß. Ihr andern ziehet hin, und bringet heim was ihr gekauft habt. Aber euern jüngsten Bruder bringet zu mir, daß ich euern Worten glaube, und ihr nicht sterben müsset.» Es ist keine Kleinigkeit, vor einem mächtigen und vornehmen Mann zu stehen, der also redet, so weit von der Heimath weg, wo man Niemand mehr kennt, und von Niemand gekannt ist. Das empfanden die Brüder und sagten zu einander auf hebräisch: «Das haben wir an unserm Bruder Joseph verschuldet, daß wir sahen die Angst seiner Seele, da er uns flehete, und wir wollten ihn nicht anhören. Darum kommt nun solche Trübsal über uns.» Joseph aber mußte sich umwenden und weinen, als er diese Rede hörte. Hernach ließ er den Simeon vor ihren Augen binden und in das Gefängniß zurückführen. Die übrigen kauften Getreide, bezahlten es, und zogen wieder heim. Unterwegs aber, als einer von ihnen seinen Sack öffnete, um seinem Thier Futter zu geben, ward er gewahr, daß das Geld, welches er bezahlt hatte, wieder oben in seinem Sack lag, also auch die übrigen Brüder. Denn Jedem hatte Joseph heimlich sein Geld wieder oben in seinen Sack legen lassen. Joseph wollte seinem Vater nichts abnehmen, doch wollte er sich noch nicht zu erkennen geben. Seine Brüder aber erschracken sehr, als sie ihr Geld wieder in ihren Säcken fanden.Als die Söhne Jakobs nach Canaan wieder kamen, und waren nur noch neun, erzählten sie ihrem Vater alles, was ihnen geschehen war. Da war in dem Hause des Jakobs große Klage wegen Simeon und Benjamin. «Es geht alles über mich,» sagte der bekümmerte Vater; er wollte den Benjamin nicht von sich lassen. – |