BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Allemannische Gedichte

Für Freunde ländlicher Natur und Sitten

 

1803

 

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[192]

Der Knabe im Erdbeerschlag.

 

E Büebli lauft, es goht in Wald

am Sunntig Nomittag;

es chunnt in d' Hürst und findet bald

Erberi Schlag an Schlag;

es günnt und ißt si halber z' tod,

und denkt: "Das isch mi Obedbrod."

 

Und wie nes ißt, se ruuscht's im Laub;

es chunnt e schöne Chnab.

Er het e Rock, wie Silberstaub,

und treit e goldne Stab;

er glänzt wie d' Sunn am Schwitzer-Schnee;

si lebelang hets nüt so gseh.

 

[193]

Druf redt der Chnab mi Büebli a:

«Was ißisch? I halts mit?» –

«He, nüt», seit 's Büebli, luegt en a,

und lüpft si Chäppli nit.

Druf seit der Chnab: «He, ißisch nüt,

Du grobe Burst, se battet 's nüt!»

 

Verschwunden isch mi Chnab, unds stöhn

die nöchste Hürst im Duft;

drus fliegt en Engeli wunderschön

uf in die blaue Luft,

und 's Büebli stoht, und luegt em no,

und chrazt im Hoor, und lauft dervo.

 

Und sieder isch kei Sege meh

im Beeri-Esse gsi.

I ha mi lebtig nüt so gseh,

sie bschießen ebe nie.

Iß hampflevoll, so viel de witt,

sie stillen der di Hunger nit!

 

[194]

Was gibi der für Lehre dri?

Was seisch derzu? Me mueß

vor fremde Lüte fründli si

mit Wort und Red und Grueß,

und 's Chäppli lüpfe z' rechter Zit,

sust het me Schimpf und chunnt nit wit.