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eine große Summe an Forellen, die oft 35 Pfund Schwere haben, lösen. Meinem Gaumen ward sogar die Ehre von diesen rosarothen, köstlichen Dingern zu kosten. Vier Mönche haben zwei Jahre lang hier zu hausen, und dann kommt an zwei andere Mönchspaare die Reihe des tröstlichen Fischfangs. Die Häuser jenes Dorfes dort unten in der Tiefe erscheinen so groß wie Liliputs-Paläste. Ueberall ragen an der Straße hinauf hohe Blöcke oder hölzerne Kreuze, um Wegweiser zu seyn, für die Zeit, wenn der Schnee die Abgründe deckt. Selbst Tannen und Fichten haben hier ein kümmerliches Ansehen. Zwischen diesen Eisbergen eingeschlossen, ist es nicht schwer, sich nach Sibirien zu träumen, aber Gottlob! dieser frische Schneewind erinnert mich an die Luft, wie sie in meinem lieben Deutschlande im Januar weht. – Auf den höchsten und gefährlichsten Punkten des Gebirgs dankt man auch Napoleon sechsundzwanzig kleine Gasthäuser, case di Ricovero genannt, die mit Glocken versehen sind. Die Bewohner heißen Cantonniers, deren Verpflichtung es ist, die verirrten Reisenden im Winter, wenn Schneegestöber und Nebel die Straße unkenntlich machen, von einem Ricovero zum andern zu bringen. Auch müssen sie die Straße von Schnee und herabgestürzten Felsentrümmern frei erhalten. Dort unter der Thüre eines solchen Häuschens spielen Kinder, frisch und rund wie Rosen. Auch in der hoffnungslosesten Wildniß sind die Spuren der Fürsorge Gottes. – Termignon ist wohl wegen seiner Lage die merkwürdigste Festung, die man sehen kann. Man denke sich auf steiler Alpe, die losgetrennt von den noch höhern
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beeisten Bergen erscheint, sechs Gebäude, die etagenförmig übereinander gebaut sind, jedes mit einer vorspringenden Terrasse, einer Art Schießwarte versehen. An dem rechten Ufer des Arcs liegend und von vielen Bergströmen umrauscht, bildet Termignon zugleich eine Halbinsel. Da die Strasse zur Rechten unübersteigliche Alpen, links unergründliche Tiefen hat, sechs Festungen für eine, so möchte wohl einer noch so heldenmüthigen Armee hier der Spaziergang nach Italien etwas sauer werden.
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Am 4. Juni.
Die Umgegend St. Jean de Maurienne, bei St.Michel, war sonst mit Cretins angefüllt, bis Napoleou die Berggewässer durch Canäle ableiten ließ, diese sumpfige Gegend in einen Garten verwandelte und diesem Uebel bedeutend abgeholfen war. Allmählig gewinnt hier der Weinstock eine ansehnlichere Gestalt, und bei Chambery rankt er sich in Guirlanden von Baum zu Baume. Nie müde würde ich, diese Alpen anzustaunen. Welche Verschiedenheit der Farben! Welch großartiger, seltsamer Bau! Wie die Gewässer, so haben auch die Berge ihre Sprache,. und zwar die, daß, indem wir ihre Höhen erklettern, wir unserer Ohnmacht inne werden; das Bleigewicht des immer zur Erde zurücksinkenden Geistes stutzt uns die Flügel der Sehnsucht, die auf Bergen dem Himmel sich näher glaubt. – Ein starkes Gewitter überraschte uns und Regengüsse verschleierten das schöne Thal Chamberys, was
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