|
Durch die Luft zitterte der Ton der Glocke, und Frauen, das Haar mit frischen Blumen geziert, gingen den steilen Weg hinan zur Kirche. In San Remo entledigte ich mich meines Versprechens, und überreichte selbst den Brief, den mir Abbé R. an seinen Bruder mitgegeben. Er zeigte mir die Kirche de l'assunzione. Von der marmornen Façade hat man zur Aussicht das Meer, dicht um mich her Berge, Hügel, ein waldiges Thal. Dort ist der Palast des Marquis von B. und in der Nähe desselben, wie Vasallen, kleinere Landhäuser, deren weißes Gemäuer lieblich gegen das dunkel frische Grün absticht. In der Kirche kniete eine andächtige Bürgersfrau, denn sie hatte den weißen Moll-Schleier, die übliche Landestracht, ganz über das Gesicht geschlagen, und schien in sich gekehrt. San Remo hat nur 1200 Einwohner, aber zwölf Kirchen, zwei Nonnenklöster und so viel Priester als Sand am Meere. Von hier bis zum Hafen St. Maurice beleben die Klippen am Meere bald ein alter Wartthurm [Beobachtungsturm], grau aus grauen Zeiten, ehemals Vertheidigungsfesten gegen die Sarazenen, oder es erhebt sich ein Kreuz, eine kleine Kapelle mit ausgehöhltem bemoosten Rahmen, oder auf einer Felsenstrecke, die in das Meer hinausgreift, thront eine Kirche. St. Maurice mit seinem Hafen und vielen Fischerbooten, die Stadt selbst auf einem kegelförmigen Felsen ruhend, mit einer prächtigen Kirche, deren vier Thürme, theils spitzig, theils kuppelförmig, gefiel mir, und besonders durch die ächt malerische Unregelmäßigkeit. – Wir erreichten heute Oneglia, wo ich die Nacht über zu
|
|
Husten gedenke, denn mit jeder Station nimmt er zu, wie meine Kraft immer mehr abnimmt.
―――――
Freitag, am 15. Mai.
Der Himmel ist trübe, aber obgleich die Sonne sich verborgen hält, giebt der Wiederschein ihr Bild in den Wogen wieder, und ein Schiffchen schwimmt dort in der goldnen Fluth. So auch ist der Glaube das Schiff, das uns hinträgt zum Glutmeer der Liebe Gottes. – Wie schön ist doch die Erde! Dort drängt sich Woge an Woge, Berg an Berg, und ein Hügel wölbt sich über den andern, bedeckt von dem sanften, düstern Grün der Olivenhaine, übersät mit Städtchen, Dörfern und Kirchen. Dort seh' ich eine Felseninsel mit einem Leuchtthurm an der Spitze; er ist dem Einsiedler gleich, der, fertig mit der Welt, jetzt noch durch seine Warnungen ihr etwas seyn möchte.
―――――
In Pietra, wo wir zu Mittag aßen, wird die Kleidung des Volks immer italienischer, das heißt bizarrer. Die rothen Mützen der Männer mit einem schwarzen Rande stehen recht kühn banditisch in die Lüfte. Ein Stalljüngling wäre wohl zum Malen werth gewesen. Um den Kopf war eine zugespitzte himmelblaue Binde, aus der ein rother Sack mit blauer Quaste den Rücken hinab baumelte. Ueber dem rechten Ohr duftete ein Sträußchen Rosen, um den Hals war ein vielfarbiges, netzartig gestricktes
|
|