BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Ich möchte zu Gott kommen und ein neuer Mensch werden und weiß doch nicht, wie es anzufangen sey. So oft ich mich meinem Schöpfer betend nähere, fühle ich eine Zornwolke über mir, und vernichtet bin ich. Gute Vorsätze sind Seifenblasen, Kartenhäuser, ich selbst Ohnmacht – wo ist Kraft mich aufzurichten? – Bisher hatte ich wohl ein, vor Menschen, unbescholtenes Leben geführt, aber der Apostel Paulus bezeugt, welch ein großer Unterschied zwischen natürlicher Tugend und christlicher Buße und Frömmigkeit ist.

 

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Madame P... wünscht, daß ich gleich ihr in der englischen Kirche das H. Abendmahl empfange; ich folge ihr, da ich schon längst innerlich dazu aufgefordert bin, und meine Seele nach Vergebung hungert und dürstet. Doch zittere ich meiner Unwürdigkeit wegen.

 

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Charfreitag am 17. April.   

 

Nachdem ich heute durch den Genuß des Abendmahls den Tod des Herrn verkündigte, ist der Entschluß fest in mir, meinem Erlöser von nun an mich ungetheilt zu übergeben. Ich bin erlöst und ein Kind des Friedens – Gelobt sey Gott in Ewigkeit!

 

 

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Montag.   

 

Gestern Nachts schlief ich in Thränen ein. Mein letzter Gedanke war: was mag meine Seele in Gottes Augen seyn, da sie mir schon so häßlich erscheint? Bald träumte ich, als sähe ich eine hohe Gestalt vor mir, die auf ein Buch hinwieß. Bekümmert sagte ich, daß ich diese Schrift ja nicht lesen könne. Da fielen meine Augen auf ein kleines Kind zur Seite der Erscheinung, das vergnügt in dem Buche blätterte, und dort wie zu Hause zu seyn schien. Beim Erwachen fiel mir ein, es sey Gottes Wille, in seinem Wort zu lesen, so vertrauensvoll wie es ein Kind thun würde. Da besann ich mich nicht lange mehr, und betete zu Jesus, dem Sünderfreund – Seitdem ist nun Friede an die Stelle peinlicher Ungewißheit getreten.

 

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Es ist in England in gottesfürchtigen Familien Sitte, dass die Mütter Sonntags nach der Kirche sämmtliche Kinder, das Jüngste, dem kaum die Zunge gelöst, mit eingerechnet, um sich versammeln, und Jedes wird mit den Worten des Sacraments der h. Taufe an sein Taufgelübde erinnert. So möchte ich auch Madame P... allen Frauen als Muster aufstellen; sie wacht sorgfältiger über die Seelen ihrer Kinder als über ihre Leiber, wirklich ein seltenes Beispiel! Der meisten Eltern größte Bravour ist, Kinder in die Welt zu verpflanzen, aber sie zu erziehen, dazu  haben  sie  selten  weder  Zeit,  Lust  noch  Weisheit «Das   Kindergeschrei  ist  so  lästig,  züchtigen wir morgen

 

 


 

Die englischen Kirche in Nizza