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hat hier seine bestimmten Bußpsalmen und Evangelien. Man kniet, während sie vorgelesen werden; so auch während der Litaney, wo die Gemeinde, wie in der römischen Kirche, auch mit einem Lord have mercy on us (Herr, erbarme dich unser!) antwortet. Hinter einem grünen Vorhang, uns zur Rechten, standen zwölf weißgekleidete Chorknaben, die das Kyrieleison rührend absangen. Erst nachdem das Wort Gottes reichlich vorgelesen war, begann die eigentliche Predigt, welche den kürzern Theil des Gottesdienstes ausmachte. Es freute mich, in der englischen Kirche das zu finden, was ich immer unserm protestantischen Ritus gewünscht, ich meine: als äußeres Zeichen von Gottesfurcht, das Niederknieen. Wenigstens darf hier in England und Irland ein andächtiges Gemüth, ungezwungen dem innern Drang des Herzens folgen. – Daß auch die Engländer auf ihren Reisen stets streng Sonntag halten, deß war ich oft Zeuge; sie versammeln sich dann, um dieselbe Stunde, wie in der Heimath, um die Bibel nnd das Common Prayerbook. Alles wird so genau wie in der Kirche beobachtet. Der Engländer ist also in gewisser Beziehung in geistiger Verbindung mit allen seinen Brüdern, in welche Länder sie auch immer zerstreut seyn mögen. – Lebe wohl, lieber Vater! Über das Meer hin sende ich die innigsten Grüße.
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XII.
Dungannon, am 25. Juny.
Der Freigebigkeit meines Gelehrten verdanke ich mehrere Züge aus Patrick's Leben, die ich nun, geordnet, Dir mittheile. Für Heute also nichts als:
St. Patrick.
In einer Gegend der nord-westlichen Küste Galliens, in dem heutigen Boulogne, lebte im Jahre 387 eine geachtete Familie, Patrick genannt, und römischen Ursprungs. Der Vater versah das Amt eines Senators und später das eines Diakonen. Sie hatten einen Sohn, der einst als Knabe, an der armorikanischen Küste verweilend, dort in Gefangenschaft gerieth, und nach Irland gebracht ward. Hier kaufte ihn als Sklaven ein Mann, namens Milcho, und Patrick mußte ihm die Schafe hüten. Wenn er so einsam durch die Gegenden Dalaradiens (die heutige Grafschaft Antrim) über die Berge wanderte, entstiegen oft seiner Brust tiefe Seufzer und heiße Gebete zu Gott, der in's Verborgene sieht, der immer tiefer ihn in die Selbsterkenntniß einführte, und seinen Glauben an den Erlöser und seine Liebe zur Wahrheit befestigte. Sechs Jahre hatte er schon als Sklave gedient, als plötzlich in ihm, heftiger als je, die Sehnsucht nach Freiheit erwachte. Eine Stimme im Traume verkündigte ihm, daß er bald sein Vaterland sehen werde, ja ein Schiff zur Aufnahme sey schon bereit. So floh er denn im siebenten Jahre seiner Gefangenschaft zur südwestlichen
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