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VII.
Paris, am 28. März.
Ich habe Dir lange nicht geschrieben, lieber Vater! Denke dich aber an meine Stelle und du wirst so streng nicht mit mir abrechnen. Die Zeit fliegt pfeilschnell dahin, um so mehr, wenn jede Stunde ihre bestimmte Beschäftigung mit sich führt, und wir zusehen müssen, wie wir mit unsern Nachen den Pariser Ozean durchsteuern können.
Seitdem besuchte ich Versailles, das, in seinem Umfang betrachtet, mir so groß wie Dresden vorkam. In den weiten Sälen des Schlosses umherirrend, gerieth ich auch in das Gemach, in dem Ludwig der XIV. seinen Geist aufgab. – Welche Oede um mich her! Mein Herz war von einer Masse geschichtlicher Erinnerungen zusammen gepreßt. Nicht satt wird das Auge vom Sehen, nicht satt vom Hören das Ohr.“ An den zugestutzten Bäumen und Hecken und abgezirkelten Gängen gehe ich kalt vorüber, da, wo selbst Statuen zum Theil den Charakter des Jahrhunderts der Reifröcke an sich tragen. Lieber weide ich mich im Geiste hier an dem Anblick des singenden Baums, der Poesie in ihrem Blüthenalter zur Zeit Ludwigs XIV., als die Schöpfungen eines Racine, Corneille, Despreaux, Molière, la Fontaine, Bossuet, Bourdalou, Fénélon, Quinault die Geister fesselten, und die Lust von den empfindsamen Fisteltönen unglücklicher Romantiker noch rein war. –
Man erschloß mir das Theater. Ein Theater am Tage hat mir wenigstens etwas Unheimliches. Das von
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Versailles strotzt von Gold, und doch ist ihm Tod und Zerstörung eingeprägt. Ich dachte mir diese Logen mit den vergötterten Schönen der Höfe Ludwige XIV. und XV. belebt, und sah hinab wieder im Geiste in ihre Gräber, wo nun längst ihre Leibeshüllen modern! Zeit und Ewigkeit, welche Gegensätze! und doch reichen sie sich allenthalben die Hände.
Noch immer gehören meine Mussestunden vorzugsweise der Musik an, ja ihr, die mir zugetheilt ist und mit der ich mich als vermählt betrachte. Des Menschen Talent ist sein Beruf, ist´s nicht so? Auch meine Stimme ist nun auf der Hochschule. Der durch seine Kompositionen berühmte Melchior Gomis, ein Spanier, ist mein Lehrer. Was hat nicht die deutsche, ungehobelte Stimme in diesem Schraubstock zu erleiden! – Die Gesangschule von Gomis, in Paris erschienen, ist von großem Werth. Nach dem Ausspruch der ersten hier lebenden Meister könnte man aus ihr noch sechs andere herauscomponiren, so reich an Harmonien sind diese köstlichen Solfeggien. Sein Genie, so unerschöpflich wie eine Quelle, hat sich hier, wie auch in seinen Opern: le diable de Sevilla, le Revenant, bewährt. Die Begleitung des Pianoforte beweist eine große Kenntniß der Harmonieen. Die Gesangregeln sind in französischer, italienischer und spanischer Sprache der Musik beigedruckt. Dem spanischen Texte aber seiner zahlreichen, originellen Cansonetten, die theils in London, theils in Paris bei Pacini erschienen, wünschte ich eine gute deutsche Uebersetzung. Denn die Sprache ist wohl das einzige Hinderniß, daß diese, so wie auch seine Opern, wenig bei uns bekannt
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